Therapie der MS Patienten mit chronischen Schmerzen

Verglichen mit alters- und geschlechtsgleichen gesunden Kontrollpersonen leiden MS-Patienten unter deutlich stärkeren Schmerzen, die in ihrer Ausprägung mit der rheumatoiden Arthritis vergleichbar sind. Das multidisziplinäre Team der Marianne-Strauß-Klinik hat eine 35 jährige Erfahrung in der Behandlung der Schmerzen bei Multiplen Sklerose und Neuromyelitis optica, die eine hohe fachliche Kompetenz verlangen.  

Nur durch eine ausführliche ärztliche Anamnese, eine umfassende körperliche Untersuchung, eine genaue Bewertung der vorliegenden apparativen Zusatzuntersuchungen, Fragebögen und Befunde innerhalb des interdisziplinären Teams kann eine korrekte Einordnung der Schmerzsymptomatik erfolgen und die adäquaten therapeutischen Maßnahmen empfohlen werden.

 

Eröffnung der neuen Station - Station 3 E                                                                                      

Im Rahmen der 2019 begonnen Grundsanierung der Klinik entstand im 3. Stock eine sehr moderne und funktionale Station - die Station 3 E. Auf dieser Station soll MS Patienten, die an chronischen Schmerzen leiden ein spezielles Therapieprogramm angeboten werden. Das bewährte multimodale Therapiekonzept der Klinik, welches die interdisziplinäre Zusammenarbeit aller an der Therapie beteiligten Berufsgruppen (namentlich Ärztinnen, PsychologenInnen, ErgotherapeutInnen, PhysiotherapeutInnen, LogopädInnen und Pflegekräfte) vorsieht, wurde durch wöchentliche Edukationsgruppen und tägliche Visiten ergänzt, um eine Anpassung der Therapieziele an die individuellen Bedürfnisse der Patienten zu ermöglichen. Natürlich werden auf der Station 3E nicht ausschließlich MS Patienten mit Schmerzen, sondern auch zur Diagnostik und Therapie aller im Verlauf der MS auftretenden Symptome behandelt.

Dr. Muna-Miriam Hoshi
Oberärztliche Leitung der Ambulanzen und der Station 3E

Dr. Camelia Ionescu
Fachärztin für Neurologie, Leitung Schmerztherapie

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Patientenaufnahme
08151 261-912
aufnahme.patienten@ms-klinik.de

Der chronische Schmerz als existenzielle Herausforderung

In der Schmerzmedizin orientieren sich Diagnostik als auch Therapie an einem Paradigma, wonach chronische Schmerzsyndrome hauptsächlich auf biologische, psychische und soziale Faktoren zurückgeführt werden. Dieses biopsychosoziale Schmerzkonzept stellt gegenwärtig den Schwerpunkt schmerztherapeutischer Behandlungsprogramme dar. Menschen mit chronischen Schmerzen sind oft von Einsamkeit, Autonomieverlust und Sinnlosigkeit betroffen.                                           

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfahl bereits 1984, das biopsychosoziale Modell um eine „spirituelle Dimension“ zu erweitern. Diese Empfehlung wird heute durch zahlreiche Studien gestützt, sodass immer mehr Autoren für das biopsychosozialen-spirituelle Modell plädieren. Wir tragen diesem Paradigmenwechsel Rechnung, indem wir den existenziellen Charakter des chronischen Schmerzes in unserem Therapieprogramm berücksichtigen.

               

Individueller Therapieplan und Therapieziele

Als Therapieziel tritt die Förderung der Lebensqualität trotz weiter vorhandener Schmerzen in den Vordergrund. Dieses Ziel kann erfolgreich durch den multidisziplinären Behandlungsansatz erreicht werden, in dem neben pharmakologischen Maßnahmen auch bewegungstherapeutische, psychologische, pflegerische und sozial-therapeutische Interventionen zum Einsatz kommen. Bei allen Maßnahmen werden Sie jederzeit aktiv mit einbezogen. Das ganzheitliche Erfassen chronischer Schmerzen kann zur Folge haben, dass zwei Patienten mit ähnlichen Beschwerden durchaus unterschiedlicher Behandlungsstrategien bedürfen – weil ihre Lebenssituation unterschiedlich ist und ihrem Schmerz eine jeweils andere existenzielle Bedeutung zukommt. Wer mit chronisch Kranken arbeitet, ist wiederholt Situationen ausgesetzt, für die es keine vorgefertigten Lösungen gibt. Die dann notwendige mitfühlende Begleitung ist nicht im Sinne reiner Passivität zu verstehen, vielmehr im Sinne des englischen Begriffs „care“ (= Betreuung, Pflege, Fürsorge), definiert als aktives Bemühen um eine verbesserte Lebensqualität von Menschen. Die Artikulation des Leidens bietet die Chance, dass hieraus innere Ruhe, Trost und ein Impuls zur Neuorientierung erwachsen, ohne in Form eines therapeutischen Aktionismus vorschnell in den Modus der Optimierung ihrer Bewältigungsfertigkeiten überzugehen.

Mechanismus orientierte medikamentöse Therapie 

Eine Differenzierung in neuropathische versus nozizeptive bzw. noziplastische Schmerzkomponenten ist wichtig, um eine Mechanismus-orientierte, medikamentöse Behandlung einsetzen zu können. Auch die Therapie bestehender somatischer und psychischer Komorbiditäten spielt eine sehr wichtige Rolle.

Aktiver Therapieansatz

Passive physikalische Maßnahmen und Pharmakotherapie können kurzfristig zu einer Funktionsverbesserung beitragen und daher indiziert sein. Eine nachhaltige Beeinflussung funktioneller Defizite erfordert jedoch aktive, übende Verfahren, bei denen der Patient zunächst unter Anleitung sowie dann auch zunehmend in Eigenverantwortung lernt, langfristig insbesondere den primären Funktionsstörungen entgegenzuwirken. Ein weiterer wichtiger Aspekt aktiven Trainings ist die Anhebung der Schmerzschwellen, die „exercise-induced hypoalgesia“. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine dem Beschwerdebild des Patienten hinsichtlich Art, Intensität, Dauer und Frequenz angepasste Trainingssteuerung. In unserer Klinik helfen wir Ihnen dabei Ihr eigener Schmerzexperte zu werden.

Unsere Therapieangebote ermöglichen Ihnen in besonderem Maße eine neue Selbstständigkeit im Umgang mit Schmerzen zu erlangen. Wir bieten eine alltagsnahe Anleitung, so dass Sie später auch unabhängig von BehandlerInnen oder Trainingsstudios und ohne den Einsatz spezieller Trainingsgeräte aktiv werden können. Die Einbeziehung des Patienten in die Therapie, das „Selbsttun“, führt zudem zu einer Verbesserung der Selbstwirksamkeitserwartung, der inneren Kontrollüberzeugung und gesteigerten Autonomie des Patienten. Wesentlich Aspekte psychosozialer Funktionsstörungen werden so positiv beeinflusst.

Und zuletzt: Eine schöne Umgebung wirkt sich positiv auf die Schmerzbehandlung aus. Als unsere neue Kollegin Lisa vor kurzem die neue Station 3 E besichtigte, war sie von ihrer Schönheit und Funktionalität begeistert. Sie sagte mir, sie habe noch nie eine schönere Station gesehen. Und sie hat bereits im Rahmen ihres Studiums der Medizin und Psychologie viele medizinische Einrichtungen kennengelernt….